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Der Himmel unterwegs

Aldersbach.

„Was feiert ihr eigentlich an Fronleichnam?“ Die Frage bekommen Katholiken oft zu hören und die meisten Fragenden denken dabei an etwas wie Tod und Leiche. Das liegt an dem Wort, das aus dem Mittelhochdeutschen stammt und sich aus „vrone licham“ zusammensetzt und mit „des Herren Leib“ übersetzt werden kann. Mit der Leiche Jesu hat das Fest aber nichts zu tun, sondern die Gläubigen feiern die Einsetzung der Eucharistie, also der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu. Papst Urban führte das Fest im Jahr 1264 ein und seit dem 15. Jahrhundert hat sich der Brauch etabliert, Blumen auf dem Prozessionsweg zu streuen. Eigentlich wäre wegen des „Letzten Abendmahls“ hierfür der Gründonnerstag der geeignetere Zeitpunkt. Doch da zu der stillen Karwoche keine fröhlichen und farbenfrohen Prozessionen passen, wählte man als Datum den zweiten Donnerstag nach Pfingsten. Dabei trägt ein Geistlicher den Leib Christi in Form der gewandelten Hostie, die sich in einer Monstranz befindet durch Straßen oder Felder, überdacht von einem Stoffbaldachin, dem sogenannten „Tragehimmel“. Halt wird an verschiedenen mit Blumen verzierten Stationen gemacht und die Kirchen mit einem schönen Blumenteppich ausstaffiert, so auch in der prächtigen Aldersbacher Pfarrkirche. Und der konnte sich sehen lassen – mit 2,5 x 10 Meter erreichte er alljährlich eine stattliche Größe. Seit Pfarrer Hauer entwarf Gundi Höppler eine Damenschneidermeisterin und Handarbeitslehrerin die Motive und Vorlagen. Unterstützt von ihrer Schwester Fini und vielen Helfern wurde der Teppich letztendlich mit Blumen gesteckt. Dieser Brauch fand im Jahre 2005 sein vorläufiges Ende, weil die Schwestern Höppler altersbedingt nicht mehr in der Lage waren, sich weiter um den Blumenteppich zu kümmern. Die gelernte Schnitttechnikerin Angelika Pauli, die immer wieder Kontakt mit Gundi Höppler hatte und sich für die Thematik zu interessieren begann, setzte den Brauch schließlich zusammen mit Christl Knödl, Evi Wagener und Mesnerin Christine Feyrer fort. Und so gibt es seit dem Jahre 2010 in Aldersbach wieder einen Blumenteppich. Seit der Schließung der Pfarrkirche im Jahre 2018 fällt der Blumenteppich naturgemäß kleiner aus, da die Portenkirche in der man bis zum Abschluss der Renovierungsarbeiten die Gottesdienste abhält, nicht so viel Platz bietet. Frau Pauli entwirft und zeichnet hierfür entweder neue Vorlagen oder verwendet alte Motive, die sie einem umfangreichen Ordner entnimmt, den sie von den Schwestern Höppler übernommen hat. Am Dienstag vor Fronleichnam geht es dann los. Es gilt die Blumen zu besorgen, die man für den Teppich braucht. Da es sich bei Fronleichnam um einen sogenannten beweglichen Feiertag handelt, der entweder früh im Mai oder wie heuer auch erst im Juni stattfinden kann, ist das Blumenangebot unterschiedlich. Findet das Fest im Mai statt, sind es Rhododendron und der Schneeball, die gerne genommen werden. Später im Jahr, wenn diese Pflanzen bereits verblüht sind, sind es Pfingstrosen, Tagetes oder Kornblumen, die man alle von privaten Spendern erhält. Im Aldersbacher Kräutergarten werden die Margariten gezupft, die die Gemeindeverwaltung extra für diesen Anlass stehen lässt und die für die Einfassung der Motive benötigt werden. Am Mittwoch früh machen sich die fleißigen Damen an die Ausgestaltung des Blumenteppichs. Wenn die Arbeit am späten Nachmittag dann endlich vollendet ist und das Kunstwerk letztmalig kritisch begutachtet wird und den prüfenden Blicken standhält, belohnen sich die Damen, wie jedes Jahr, mit einem Plausch bei ausreichend Kaffee. Und dann werden schon die Pläne für das nächste Projekt geschmiedet – dem Schmücken der Erntekrone.